Heinz-Dieter Krausch

Alte Nutz- und Zierpflanzen in der Niederlausitz

Verh. Bot. Ver. Berlin Brandenburg, Beiheft 2, 104 Seiten, Berlin, 18. 3. 1992, ISSN 0724-3111


Seite 71:

Paeonia officinalis L. Echte Pfingstrose

Volksnamen: Penonie, Tulpe; niedersorbisch: tulpa

Die im Mittelmeergebiet heimische Echte Pfingstrose wurde bereits im Altertum arzneilich genutzt. Ihr Name soll auf den griechischen Gott Paeon ('der Helfer') zurückgehen, der nach homer den von Herkules verwundeten Pluto damit geheilt hat. Im Mittelalter gelangte sie als Arznei- und Zierpflanze auch in die mitteleuropäischen Gärten, wo sie z.B. im 12. Jh. von der hl. Hildegard als beonia genannt wird. Ein prächtiger Pfingstrosenbusch mit einfachen Blüten findet sich auch auf dem um 1420 entstandenen Gemälde 'Paradiesgärtlein'. Die heute fast ausschließlich anzutreffende Form mit gefüllten Blüten erscheint erst um 1560. Damals war die Pfingstrose in Mitteleuropa überall eine häufige Gartenpflanze. In der Niederlausitz wird sie erstmals 1582 von Albin Moller als 'Peonia, Peonienrosen, kralojscka rosa' erwähnt. 1594 nennt Joh. Franke aus den Lausitzen neben der einfachen auch die gefüllte Form. In den Gubener Namenstaggedichten von 1716 erscheint sie als 'Benedicten-Rose'. Die Wurzel der Pfingstrose stand früher als Heilmittel gegen Gicht, Epilepsie, und mancherlei Kinderkrankheiten in hohem Ansehen. Ihre Samen reihte man zu Halsketten auf, die man den Kindern als Schutz gegen epileptische Anfälle und Erschrecken und als Mittel, das Zahnen zu fördern, umhängte. Anfang des 19. Jhs. wurde aus China die 14 Tage später blühende und duftende Chinesische Pfingstrose (P. lactiflora Pallas) eingeführt, die dort schon seit langem kultiviert wurde. Ihre Wildform fand Peter Simon Pallas 1772 im südlichen Ostsibirien und beschrieb sie 1774 als neu für die Wissenschaft. Bereits 1808 im Botanischen Garten Berlin gezogen, wuchs sie 1824 auch schon in einem Privatgarten in Frankfurt/Oder. Heute ist die Chinesische Pfingstrose mit ihren zahlreichen weiß, rosa und rot blühenden Sorten und Hybriden zur vorherrschenden Pfingstrose unserer Gärten geworden und drängt die alte "Bauernpfingstrose" mehr und mehr in den Hintergrund.


3. Literaturverzeichnis

3.1 Allgemeine Literatur

Behling, L., 1957: Die Pflanze in der mittelalterlichen Tafelmalerei. Weimar.

Bertsch, K. & F. Bertsch, 1947: Geschichte unserer Kulturpflanzen. Stuttgart.

Dietert, F., 1952: Unser Gartenstiefmütterchen. Die neue Brehm-Bücherei 76. Leipzig.

Ennet, D., 1988: BI-Lexikon Heilpflanzen und Drogen. Leipzig.

Fischer-Benzon, R. v., 1894: Altdeutsche Gartenflora. Kiel u. Leipzig.

Gleditsch, J. G., : Alphabetisches Verzeichnis der gewöhnlichsten Arzneygewächse.Berlin 1776.

Gleditsch, J. G.,1773: Pflanzenverzeichnis zum Nutzen und Vergnügen der Lust- und Baumgärtner und aller Liebhaber. Berlin.

Körber-Grohne, U., 1987: Nutzpflanzen in Deutschland. Kulturgeschichte und Biologie. Stuttgart.

Lange, E., 1973: Botanische Beiträge zur mitteleuropäischen Siedlungsgeschichte. Schriften z. Ur- u. Frühgesch. 27. Berlin.

Marzell, H., 1922: Unsere Heilpflanzen, ihre Geschichte und ihre Stellung in der Volkskunde. Freiburg.

Marzell, H., 1925: Die Pflanzen im deutschen Volksleben. Jena.

Marzell, H.,: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. 5 Bde. Leipzig 1943-1972, Stuttgart/Wiesbaden 1977-1979.

Reinhard, L-, 1911: Kulturgeschichte der Nutzpflanzen. Die Erde und ihre Kultur, Bd. 4, München.

Schultze-Motel, J. (Herausg.), 1986: Rudolf Mansfelds Verzeichnis landwirtschaftlicher und gärtnerischer Kulturpflanzen (ohne Zierpflanzen). 4 Bde. Berlin.

Vogellehner, D., 1984: Garten und Pflanzen im Mittelalter. In: Geschichte des deutschen Gartenbaues, Stuttgart, S. 69-98.

Wein, K., 1914: Deutschlands Gartenpflanzen um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Beih. Bot. Centralbl. 31, II: 463-555.

Willerding, U., 1984: Ur- und Frühgeschichte des Gartenbaues. In: Geschichte des deutschen Gartenbaues, Stuttgart, S. 39-68.

2. Regionale und lokale Literatur (GHK = Gubener Heimatkalender)

Ascherson, P., 1864: Flora der Provinz Brandenburg. Berlin.

Baenttz, K. G., 1861: Flora der östlichen Niederlausitz. Görlitz.

Bastine, W., 1980: Verschwundene Kulturpflanzen unserer Heimat, l. Der Buchweizen (Fagopyrum esculentwn moench). GHK 24: 80-87.

Bastine, W., 1983: 3. Die Hirse (Panicum miliaceum L.). GHK 27: 60-68.

Bolle, C., 1899/1900: Altmodische Blumen. Brandenburgia 8:185-204.

Buek, J. N., 1824: Hortus Francofurtanus. Frankfurt/Oder.

Elsholtz, J. S., 1663: Flora Marchica. Berlin.

Elsholtz, J. S., 1666: Vom Garten =Baw: Oder Unterricht von der Gärtnerey auff das Clima der Chur=Mark Brandenburg/wie auch der benachbarten Teutschen Länder gerichtet. Cölln an der Spree, l. Aufl. 1666, 2. Aufl. 1672, 3. Aufl. 1684 (hiervon Reprint Leipzig 1987), 4. Aufl. 1690, 5. Aufl. 1715.

Franke, J., 1594: Hortus Lusatiae. Bautzen. Neu herausgegeben, gedeutet und erklärt von Rudolph Zaunick, Kurt Wein und Max Militzer. Bautzen 1930.

Gander, K, 1889: Die wichtigsten Momente des Lebens im Brauch und Glauben des Volkes in der Niederlausitz. Niederlausitz, Mitt. l (6): 450-508.

Gander, K., 1925: Geschichte der Stadt Guben. Guben.

Gerber, Chr., 1720: Die unerkannten Wohlthaten Gottes in denen beyden Marggraffthümem Ober- und Nieder = Lausitz. Dresden u. Leipzig.

Gleditsch, J. G., 1737: Catalogus Plantarum ... Trebnizii... Leipzig.

Hanelt, P., 1981: Zur Geschichte des Anbaues von Buchweizen und Rispenhirse in der Lausitz. Abh. Ber. Naturkundemus. Görlitz 55 (4): 1-13.

Heynatz, J. F., 1808: Märkisches Küchengartenbuch. Frankfurt/O..

Holla, R., 1861/62: Flora der mittleren Niederlausitz. Verh. botan. Ver. Prov. Brandenburg 3/4: 39-90.

Jentsch, H-, 1899: Eine alte Gubener Pestordnung. Brandenburgia 7: 326-327.

Krausch, H.-D., 1964: Amerikaner in Guben. GHK 9: 92-105.

Krausch, H.-D., 1966: Der frühere Weinbau im Gubener Land. GHK 11: 87-103.

Krausch, H.-D., 1967: Der frühere Weinbau in der Niederlausitz. Jb. brandenb. Landesgeschichte 18:12-55.

Krausch, H.-D., 1975: 250 Jahre Kartoffelanbau in der Niederlausitz. Gesch. u. Gegenwart Bez. Cottbus 9: 97-112.

Krausch, H.-D., 1978: Rade, Rade, rot... Nachruf auf ein Ackerunkraut. Rathenower Heimatkai. 22:69-74.

Krausch, H.-D., 1981: Ein poetischer Blumenstrauß aus dem Jahre 1716. Natur u. Landschaft Bez. Cottbus 3:85-95.

Krausch, H.-D., 1986: Rosen in Ortsnamen. Namenkundl. Informationen (Leipzig) 50: 32-47.

Krausch, H.-D., 1987: Ostasiatische Pflanzen in unseren Gärten. GHK 31: 83-90.

Krausch, H.-D., 1989: Verschwundene Kulturpflanzen unserer Heimat. 4. Der Hopfen (Humulus lupulus L.) GHK 33: 89-92.

Krausch, H.-D., 1991: Verschwundene Kulturpflanzen unserer Heimat. 6. Die Linse (Lens culinaris med.). GHK 35: 85-88.

Pancovius, Th., 1673: Herbarium oder Kräuter = und Gewächs = Buch. 2. überarb. Aufl. von Barth. Zorrn. Cölln an der Spree.

Rabenhorst, L., 1839: Flora Lusatica oder Verzeichnis und Beschreibung der in der Ober- und Niederlausitz wildwachsenden Pflanzen. Leipzig.

Schulenburg, W. v., 1882: Wendisches Volkstum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin 1882, 2. verb. Aufl. Leipzig 1934 (Veröff. d. Slav. Instituts d. Universität Berlin 11, Nachdruck Bautzen 1985).

Willdenow, K. L., 1787: Flora Berolinensis Prodromus. Berlin.

Willdenow, K. L., 1809: Enumeratio plantarum horti regii botanici Berolinensis. Berlin.

4. Biographische Angaben über die erwähnten Botaniker

Albertus Magnus, Graf von Bollstädt, geb. 1193 Lauingen, gest. 1280 Köln, Geistlicher, Bischof von Regensburg, Lehrer an Klosterschulen, universaler Geist seiner Zeit, Hauptwerk: De vegetabilibus et plantis libri VII.

Ascherson, Paul, geb. 4.6.1834 Berlin, gest. 6.3.1913 Berlin. Dr. med. Professor der Botanik an der Universität Berlin, der 'Botaniker der Mark'.

Baenitz, Karl Gabriel, geb. 28.1.1837 Marienwalde, gest. 1912 Breslau, Absolvent des Lehrerseminars Neuzelle, Lehrer.

Bock, Hieronymus (lat. Tragus), geb. um 1498 Heidesbach/Odenwald, gest. 21.2.1554 Hombach. Arzt und Botaniker, Verf. mehrerer Kräuterbücher, einer der 'Väter der Botanik'.

Bolle, Karl, geb. 21.11.1821 Berlin, gest. 17.2.1909 Berlin, Dr. phil. Botaniker und Dendrologe.

Buek, Johann Nikolaus, geb. 1779 Hamburg, gest. 30.1.1856 Frankfurt/O., Apotheker.

Clusius, Carolus (Charles de l'Ecluse), geb. 18.2.1525 Arras, gest. 4.4.1609 Leiden, Arzt und Botaniker, von 1573-1588 als kaiserlicher Leibarzt und Gartendirektor in Wien, seit 1593 Professor der Botanik in Leiden. Botanische Entdeckungsreisen ins-bes. in Spanien und Portugal, Österreich und Ungarn.

Dioskurides (Dioskorides), Pedanios, geb. in Anazarbos/Kleinasien, lebte im l. Jh. n. Ztw., Arzt, Verfasser eines umfassenden Werkes über Arzneipflanzen und Arzneimittel (De materia medica), das Jahrhunderte hindurch als grundlegend angesehen und im 16. Jh. vielfach neu herausgegeben und kommentiert wurde.

Elsholtz, Johann Sigismund, geb. 26.8.1623 Frankfurt/Oder, gest. 19.2.1688 Berlin, Arzt und Botaniker, Leibarzt, Holbotaniker und Gartendirektor des Großen Kurfürsten.

Franke, Johannes, geb. 1.1.1545 Hildesheim, gest. 12.4.1617 Bautzen, Dr. med., Stadtarzt in Zerbst (1577-1581), Kamenz (1581-1600) und Bautzen, Hauptwerk 'Hortus Lusatiae' (1594).

Germershausen, Christian Friedrich, geb. 1725 Schlalach bei Treuenbrietzen, gest. 1810 ebendort. Pfarrer, Landwirtschaftsreformer und land- und hauswirtschaftlicher Schriftsteller, Mitbegründer der 'Märkischen Ökonomischen Gesellschaft'.

Gleditsch, Johann Gottlieb, geb. 5.2.1714 Leipzig, gest. 5.10.1786 Berlin, Dr. med., Kreisarzt des Lebuser Kreises und Dozent an der Universität Frankfurt/Oder, seit 1744 Professor für Botanik und Arzneimittellehre in Berlin und Direktor des Botanischen Gartens der Akademie der Wissenschaften.

Heynatz, Johann Friedrich, geb. 1744 Havelberg, gest. 5.3.1809 Frankfurt/Oder. Pädagoge, Philologe und Sprachforscher, Hobby-Gärtner, seit 1791 auch Prof. für Beredsamkeit und schöne Wissenschaften an der Universität Frankfurt/Oder.

Hildegard von Bingen, geb. 1098 Böckelheim/Pfalz, gest. 12.9.1179 Bingen. Benediktiner-Nonne, seit 1148 Äbtissin des Klosters St. Rupertsberg bei Bingen, 1233 heiliggesprochen. Ihr zwischen 1150 und 1160 entstandenes 'Buch von dem inneren Wesen der verschiedenen Naturen der Geschöpfe' enthält in dem als 'Physica' bezeichneten Teil eine umfassende Naturkunde.

Holla, Robert, geb. 19.10.1831 Altdöbem, gest. 11.11.1860, Lehrer.

Marzell, Heinrich, geb. 23.1.1885 München, gest. 20.11.1970 Erlangen, Dr. phil., Gymnasialprofessor, Lehrer und Ethnobotaniker, zahlreiche Arbeiten über Pflanzen in der Volkskunde und über Pflanzennamen, Hauptwerk das 'Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen'.

Moller, Albin, geb. 1541 Straupitz/Spreewald, gest. 26.12.1618 Altdöbem. Pfarrer, Humanist und Astrologe, stellte 1582 für den Arzt und Alchemisten Thurneyßer in Berlin ein 240 Arten umfassendes Arzneipflanzenverzeichnis zusammen, das außer den damaligen wissenschaftlichen und deutschen auch die niedersorbischen Namen der Pflanzen enthält.

Pancovius (Panckow), Thomas, geb. 27.1.1622 Linum/HaveUand, gest. 9.12.1665 Berlin, Arzt und Botaniker.

Plinius Secundus, Cajus, geb. 23 Como oder Verona, gest. 25.8.79 am Vesuv, römischer Naturforscher und Schriftsteller, Hauptwerk die 'Naturgeschichte' (Naturalis Historiae).

Rabenhorst, Gottlob Ludwig, geb. 22.3.1806 Treuenbrietzen, gest. 24.4.1881 Meißen, von 1831-1840 Apotheker in Luckau, Pharmazeut, Florist und Klyptogamenforscher, Dr. phil.

Schulenburg, Wilibald v., geb. 6.4.1847 Charlottenburg, gest. 29.4.1934 Berlin, Maler und Volkskundler, erfaßte bei seinen Studien auch die Verwendung der Pflanzen in Brauchtum und Volksmedizin sowie volkstümliche deutsche und niedersorbische Pflanzennamen.

Strabo, Walafrid, geb. um 800, gest. 849, Mönch und von 838-849 Abt des Benediktinerklosters Reichenau im Bodensee, Verfasser eines 444 Hexameter umfassenden lateinischen Gedichts über den Gartenbau (Liber de cultura hortorum, kurz Hortulus genannt).

Tournefort, Joseph Pitton de, geb. 5.6.1656 Aix, gest. 28.12.1708 Paris, seit 1683 Professor der Botanik am Botanischen Garten (Jardin de plantes) in Paris, 1700-1702 botanische Forschungsreise nach Kleinasien (bis Tiflis).

Wein, Kurt, geb. 22.2.1883 Eisleben, gest. 11.3.1968 Nordhausen, Lehrer und Florist, Botanikhistoriograph, Dr. h.c. der Universität Halle.

Willdenow, Karl Ludwig, geb. 22.8.1765 Berlin, gest. 10.7.1812 Berlin, Direktor des Botanischen Gartens und Professor für Botanik.